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Mit Stimme und Rezept – Carl und Sophie in El Salado

  • stupormundi
  • 8. Mai
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 9. Mai

Mit Stolz können wir sagen, dass wir in den letzten acht Monaten nicht nur unsere Ziele erreicht haben, nämlich Spanisch zu lernen, Projekte zu organisieren und uns an die ecuadorianische Kultur anzupassen. Sondern wir konnten auch eine echte Verbindung zu den Kindern aufbauen, mit denen wir arbeiten. Natürlich ist es hilfreich, dass wir sie jeden Wochentag sehen und Zeit mit ihnen innerhalb und außerhalb des Unterrichts verbringen. Sie sehen uns nicht als Autoritätspersonen, sondern als Menschen, mit denen sie spielen und ganz sie selbst sein können. Sie betteln darum, von Carl in die Luft geworfen zu werden und klettern auf meine Schultern wenn ich mich bücke, um etwas aufzuheben oder einen Hund zu streicheln. Das ist ein gewaltiger Unterschied zum Beginn unseres Freiwilligendienstes, als sie etwas schüchtern waren. Was natürlich zu erwarten ist, wenn zwei Menschen, die deine Sprache nicht sprechen, dir plötzlich beim Englischlernen helfen oder dich nach der Schule zum Spielen auffordern. Ich glaube, dass zwei unserer der Projekte dazu beigetragen haben, diese Verbindung aufzubauen.


Carls Hauptprojekt war sein Kochclub. In der Woche vor dem Kochen fragten wir die Kinder nach einem Gericht und am Wochenende kaufte einer von uns die Zutaten zusammen mit unseren allgemeinen wöchentlichen Lebensmitteleinkäufen ein. Dienstags kochte Carl dann mit ihnen und gab jedem Kind eine Aufgabe, die seinem Alter und seinen Fähigkeiten entsprach. Das erste Mal als Carl mit den Kindern kochte, machten sie Hamburger. Alles lief gut, das Gemüse war gewaschen und geschnitten, das Fleisch war schön durch und die Soße duftete köstlich. Dann, nachdem sie die Hamburger zusammengesetzt hatten, beschlossen die Kinder, uns mitzuteilen, dass sie nur das Fleisch und das Brot essen wollten. Carl ließ sich das natürlich nicht gefallen und überredete ein paar der älteren Kinder, ein paar Tomaten zu ihrem Burger zu essen, aber ansonsten wurde das Gemüse herausgesucht und nicht gegessen. Von diesem Moment an war klar, dass wir, wenn wir jemals wieder mit den Kindern ein Gericht mit Gemüse zubereiten würden, dieses entweder verstecken oder mit Käse oder Soße ertränken müssen. Nach wochenlangem Bitten und diesen Kochtagen, die aus Hot Dogs, Dalgona-Kaffee und Wackelpudding bestanden, konnten wir also endlich Pizza machen. Carl machte den Teig am Vortag, da er Zeit zum Gehen brauchte und die Kinder hatten viel Spaß beim Belegen. Einige mochten sogar Mais auf ihrer Pizza, der natürlich sofort mit noch mehr Käse bestreut wurde. Insgesamt haben diese Erfahrungen durch den Kochclub mit den Kindern dazu beigetragen, Vertrauen zwischen uns aufzubauen, zum Beispiel beim Umgang mit Messern. Es hat insgesamt sehr viel Spaß gemacht. Außerdem erfuhren wir dadurch mehr über die Kinder, zum Beispiel, welche Kinder empfindlich auf Gewürze reagierten, welche geduldig waren und Anweisungen befolgten und welche immer sagten, sie hätten einen Bärenhunger, aber am Ende nur ein paar Bissen des Essens aßen, obwohl sie es als „muy rico“ bezeichneten (ich denke da an Arón, eines unserer liebsten und treuesten Kinder, obwohl er in solchen Momenten sehr theatralisch ist).



Mein Projekt war der Schulchor. Dort bereitete ich die Kinder auf ihren Auftritt beim Weihnachtsfest vor. Die Kinder der 8. und 9. Klasse waren viel älter als die, die normalerweise nach der Schule zum Spielen kamen, daher wusste ich nichts über sie. Daher ging es in der ersten Chorstunde weniger ums Singen, sondern mehr darum, die Kinder kennenzulernen, die ich unterrichten und mit denen ich die nächsten Monate verbringen würde. Dazu zeigte ich ihnen zunächst die beiden Lieder, die wir singen würden: „Jingle Bells“ und „Noche de Paz“. Dabei konnte ich leicht Fragen einbauen, welche Musikrichtung oder welche Künstler sie mochten. Ich glaube, der Musikgeschmack sagt viel über einen Menschen aus, und obwohl ich nicht alle Künstler kannte, gaben mir die, die ich kannte, eine Vorstellung von den Kindern, mit denen ich arbeiten würde. Danach begann ich, unsere Stimmen aufzuwärmen. Das machte ich in jeder Stunde, und ich glaube wirklich, dass uns das Aufwärmen viel näher zusammengebracht hat. Manche Stimmübungen sind laut und peinlich. Indem ich sie zuerst vor ihnen machte, sahen sie mich nicht als strenge, unbekannte Autoritätsperson. Durch diese Aufwärmübungen konnten sie ihre Zurückhaltung aufgeben und nach einiger Zeit war es ihnen nicht mehr peinlich, alberne Stimmübungen zu machen, sondern sie lachten nur noch, weil es lustig klang wenn alle es ungeniert zusammen machten.

Diese Zeit in Ecuador war für uns äußerst bereichernd. Die Projekte, die wir in El Salado organisiert haben sowie kleinere Projekte wie das Streichen der Hospedería innen und außen haben unsere Bindung zu den Kindern gestärkt und uns zu einem Teil der dortigen Gemeinschaft gemacht. Obwohl wir Deutschland vermissen und uns freuen, wieder mit Freunden und Familie zusammen zu sein, werden wir es natürlich auch sehr vermissen, in die Schule zu gehen und von einer Horde kleiner Kinder umarmt zu werden. Es wird seltsam sein, das unaufhörliche Klopfen an der Tür um 15 Uhr und die Kinderstimme, die kurz darauf „A las tres?“ („Um drei?“) fragt, nicht mehr zu hören. Aber eines Tages in ein paar Jahren, wenn wir fertig mit studieren sind, werden wir auf jeden Fall zurückkommen.

Autorin: Sophie Runte

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